Guten Tag Herr Kommandant

Ich hatte immer ein differenziertes Verhältnis zur Polizei. Man liest und hört im Zusammenhang mit dieser auch recht wenig Gutes – von strafbaren Handlungen, Verkehrsüberwachung oder Unfallkommandos. Da musste ein klärendes Gespräch her. Nun folgend was es heißt, am Wilden Kaiser ein Polizist zu sein.
Und dann saß ich da. Erster Stock, Polizeiinspektion Söll. Den Alltag von Ermittlern oder Inspektoren kannte ich bisher nur aus dem Fernsehen. Der offiziell seit 1. März neue Kommandant der Polizeiinspektion Söll nahm mir gegenüber Platz. »Nachdem Österreich unter den sichersten Ländern der Welt ist und wir im Westen des Bundeslands nochmals bevorzugt sind, ist das Söllandl eines der sichersten Gebiete der ganzen Welt«, beginnt Johann Egger die erste Frage zu beantworten. Der Bad Häringer vollendet heuer sein 25. Exekutivdienstjahr und ist bereits seit 2010 als stellvertretender PI-Kommandant in Söll tätig. »Der Trend in der Kriminalität ist
derzeit auch rückläufig. Die Einbruchskriminalität ist eher im Sinken, die letzten Aufklärungszahlen sind wieder gestiegen. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir in solch einem sicheren Land leben.« Doch wofür brauchen wir dann die Polizei, wenn Ordnung und Sicherheit weitläufig gegeben sind?

»Auch wenn manche Situationen schwierig sind – unsere Hilfe steht im Vordergrund.«

DER UNTERSCHIED

Johann Egger

Inspektionskommandant PI Söll

Die Aufgaben der Polizei

Das Einsatzgebiet der Polizei Söll umfasst die drei Gemeinden Ellmau, Scheffau und Söll. »Da ist auf der einen Seite das alpine Gebiet der Hohen Salve und das ganze Skigebiet sowie auf der anderen Seite das Klettereldorado vom Wilden Kaiser. Für alle diese Bereiche sind wir zuständig«, erklärt der Kommandant. Dabei liegt der Schwerpunkt der Polizeiarbeit im Sicherheitsdienst, die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit sollen damit gewährleistet werden. »Dem gegenüber steht der Verkehrsdienst, bei uns laufen die B178 und B173 durch. Da haben wir die Aufgabe, die Sicherheit und die Flüssigkeit des Verkehrs durch unsere Überwachung aufrechtzuerhalten«, setzt Johann fort. »Es gibt hunderte, wenn nicht gar tausende Bestimmungen, die zu beachten sind.« Zudem kümmert sich die Polizei Söll um den Alpindienst in der Region. »Unser Arbeitsgebiet geht mit den Saisonen mit, nicht nur von den Straftaten her, sondern auch von den Vorfällen. Bei vielen Leuten passiert eben mehr – darunter sind ebenso ganz banale Sachen.«

Richtig die Polizei alarmieren

Apropos eher banale Sachen: Geldtaschenverlust oder kleiner Kratzer am Auto – auch für die Aufnahme solcher Anzeigen hat die Polizei ein offenes Ohr. »Da müssen wir als Polizisten aufpassen, für uns sind manches Alltagssachen. Für die Person, die hier Hilfe sucht, ist das aber ganz wichtig. In der heutigen Zeit ist beispielsweise ein Handyverlust oder -diebstahl ein riesiges Problem, weil man viele wichtige Daten damit verliert. Daher müssen wir allen Menschen helfen und alles ernst nehmen – auch wenn manches aus unserer Sicht Kleinkram ist,« beschreibt er. Braucht man schnell Hilfe oder hat etwas Kriminelles wahrgenommen, wird an die 133 ein Notruf abgesetzt. »Das Allerwichtigste beim Notruf ist, dass man sagt, wo man ist. Das ist oftmals gar nicht so leicht zu beschreiben.« Anschließend teilt die Person mit, was passiert ist – hierbei kann der Notrufsprecher entscheiden, dass er den Einsatz ebenso an einen anderen Notrufdienst weiterleitet. Der eigene Name wird erst im Zuge des Gesprächs genannt. »Der Notrufsprecher versucht anschließend beruhigende Anweisungen zu geben, was man als Nächstes machen soll. Da gehört ganz oft ebenso dazu, dass man schaut, dass das Mobiltelefon eingeschaltet bleibt und der Akku nicht durch unnötige Anrufe strapaziert wird. Sonst können sich zum Beispiel die Bergretter nicht mehr melden.« Der Notrufsprecher alarmiert derweil die zuständigen Streifen und setzt somit die Kette in Gang. »Von den schwereren Fällen vergisst man kaum einen. Mental muss man den Fall oder das Drama aber in einer Schublade im Kopf haben, in der man nicht traumatisiert daran zurückdenkt«, erzählt Johann aus seiner Vergangenheit als Polizist. »Nachdem man als Beamter natürlich auch ein Mensch ist, speichert man diese Sachen ab. Man muss aber alles mit einer Professionalität abarbeiten und irgendwann sagen: ›Wir haben unseren Teil geleistet‹. Alles andere ist Schicksal, das wir nicht mehr in der Hand haben.«

Das subjektive Sicherheitsgefühl

Im Bezirk Kufstein wurden 2018 4.539 Fälle angezeigt (-4,1 Prozent zum Vorjahr), die Aufklärungsquote lag bei 62 Prozent (+3 Prozent zum Vorjahr). Der Statistik kann man also entnehmen, dass der Bezirk immer sicherer wird – unter anderem durch die Arbeit der Polizei. Aber das Gefühl bleibt bei manchen, dass wir täglich erneuten Bedrohungen ausgesetzt sind. »Auch in einem der sichersten Länder der Welt gibt es das subjektive Sicherheitsgefühl. Das wird beeinflusst von vielen verschiedenen Faktoren und ist oft nicht die tatsächliche Kriminalität, sondern das Gefühl – wie werden Straftaten medial transportiert und wie fühle ich mich mit dieser Information«, weist Johann auf ein spannendes Phänomen hin. »Das Sicherheitsgefühl probiert die Polizei mit dem Projekt ›Gemeinsam.Sicher‹ an der Basisarbeit mit den Leuten zu besprechen. In der Kriminalprävention spricht man mit ihnen über Sicherheitslücken oder -mängel. Ein ganz großer Teil davon ist bei uns auch die Jugendarbeit, die Kinderpolizei. Da greift auch das Thema Cyberkriminalität.« Im Bereich Cyber Crime wurden laut aktueller Kriminalstatistik im vergangenen Jahr alleine im Bezirk Kufstein 1.631 Delikte angezeigt, was ein Plus von rund 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahr darstellt.

»Die Polizei muss nahe am Bürger sein.«

Die Polizei verändert sich laufend: Früher war man mehr über den Bürger gestellt, heute flachen die Hierarchien zunehmend ab. »Das empfinde ich aber nicht als Nachteil, sondern als einen Vorteil. Der Kontakt zum Bürger ist auf Augenhöhe. Wenn es notwendig ist, dann muss das Gegenüber aber akzeptieren, dass die Polizei gewisse Dinge umzusetzen hat und dementsprechend muss man sich dem fügen«, sagt der Inspektionskommandant. »Ganz oft ist es bei Verkehrskontrollen so, dass die Leute sehen, dass das unsere Arbeit ist. Ich habe die Kleinigkeit gemacht und mit einer direkten Bezahlung vor Ort oder über die Behörde ist das dann wieder erledigt. Da sind wir ganz weit von einem schlimmen Menschen oder Verbrecher entfernt. Nach meinem Gespür gehört es dazu, dass bei einem Verkehrsteilnehmer auch einmal eine Sanktionierung nötig wird – das ist ganz normal.«

»Unser Inspektor für die Kinderpolizei informiert die Schüler über Gefahren des Alltags.«

Johann Egger

Inspektionskommandant PI Söll

Text: Alexandra Embacher
Foto: GPhoto /Martin Guggenberger

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