»Für gutes Essen brauchst du Zeit«
Wolfgang Moese kennt die große kulinarische Bühne. Er hat bei der Fußball-WM aufgetischt,
bei großen Events die VIPs bekocht. Alleine neun Jahre war der Söller auf einem
Kreuzfahrtschiff im Einsatz. In der Krummerei folgt er nun seinem persönlichen
Genusscredo verfeinert mit Bärlauchpesto, lila Kartoffelchips und echter Sahnesauce.
TEXT: Adriane Gamper FOTO: GPHOTO/Florian Egger
Wenn dann selbstgemacht ist das Credo
das Söllers Wolfgang Moese. Und daher
kann es mitunter auch ein ganz klein
wenig länger dauern, bis seine Köstlichkeiten
in der Krummerei von seiner Frau
Anita serviert werden. »Dafür ist das
Essen bei uns wirklich frisch zubereitet
«, erklärt der leidenschaftliche Koch,
für den Genuss an oberster Stelle steht.
Dabei hatte er als Jugendlicher gar keine
großen Ambitionen, Koch zu lernen. »Es
hat sich einfach so ergeben, ich bin da
hineingewachsen. Vermutlich hat mich
mein Cousin etwas beeinflusst, der ein
Jahr vor mir die Kochlehre begann.« Und
so schwingt er inzwischen seit 35 Jahren
den Kochlöffel. Nach der Lehrzeit in Niederbayern
zog er weiter. Stuttgart. Frankfurt.
Das Kreuzfahrtschiff MS Europa.
München. Fußball-WM. Tennisturniere.
Automobilshows. 35 intensive Jahre, in
denen er eine Unmenge an Wissen anhäufte,
das er seit November 2018 in der
Krummerei in Söll in kulinarische Köstlichkeiten
verwandelt. Das gemütlichstylische
Lokal ist der Endpunkt einer
intensiven Kochreise.
ABNORMAL MIT BLUTWURST & CO
»Als Koch willst du wandern, zumindest in
jungen Jahren. Das war schon zu meiner Jugendzeit
so und hat sich seither nicht verändert.
Und das ist auch gut so, denn du musst
dir unterschiedlichstes Wissen rund um das
Kochen aneignen. Nur dann kannst du aus
dem Vollen schöpfen und auch einmal Neues
kreieren.« Verwandelte und neu interpretierte
Gerichte stehen in der Krummerei daher immer
wieder auf der Karte. So etwa Wolfgangs
Gröstl-Variationen. Ganz klassisch tirolerisch
wird es mit Wurst zubereitet, Wolfgang
setzt dagegen schon einmal auf Entengröstl
oder auf eine rein vegetarische Variante. »Im
Grunde geht es mir darum, etwas zu bieten,
das es sonst nicht so gibt, wie etwa unsere
Plunzentascherl mit Rahmkraut. Die Tascherl
sind ähnlich den Ravioli nur mit Blutwurst gefüllt.
« Eine Spezialität die Urlauber wie Einheimische
gleichermaßen begeistert. Der einheimische
Gast liegt Wolfgang besonders am
Herzen. »Stammgäste machen ein Lokal aus.
Und wir wollen mit unserem Restaurant Abwechslung
in den kulinarischen Alltag bringen.
« Etwa mit dem Riesenwolfsbarsch mit
Curry-Gnochi, Zucchini und Bärlauchpesto.
SELBST IST DER KOCH
»Fisch ist beliebt, vor allem natürlich jetzt in
der warmen Jahreszeit. Wobei ich sehr darauf
achte, welchen Fisch ich anbiete. Ich versuche
immer einen zu wählen, bei dem man
die Gräten herausnehmen kann. Manche
essen die Lachsforelle oder auch ein Forellenfilet
mit den Gräten, aber das ist nicht das
Wahre. In meinen Augen trennt sich da die
Streue vom Weizen.« Bei Wolfgang selbst
steht Fleisch ganz oben auf der Genussliste.
»Fleisch muss für mich bei jeder Mahlzeit
dabei sein. Mehlspeisen sehe ich als Dessert
an. Braderkrapfen sind etwa eine Beilage,
aber niemals eine volle Mahlzeit«, lacht er,
während er den Fisch und die Gnocchi auf
dem Teller platziert. Das Tüfpchen auf dem
»i« liefert bei den Curry-Gnocchi das Bärlauchpesto
aus selbst gepflücktem Bärlauch.
»In diesem Jahr von der Oma, weil sie Zeit
hatte. Sonst schwärmen Anita und ich aus.«
Nahezu alles, was in der Krummerei auf den Tisch kommt, ist selbst gemacht, das ist
dem Koch wichtig. Die Nudelmaschine
in der Ecke dient nicht der Zierde und
auch das Eis stammt aus der eigenen
Küche. Für die Kuchen ist die Oma der
Krummerei zuständig. Wobei die selbstkreierten
Köstlichkeiten nicht nur am
Tisch, sondern auch in einem kleinen Regal
zu finden sind. Eine Hommage an die
Geschichte der Krummerei.
»DA HÄUSLKRUMMER«
Anitas Ururgroßvater eröffnete 1855
eine Gemischtwarenhandlung. Bis zu
ihrer Schließung und Verwandlung in
die Krummerei im Mai 2018 war sie
das älteste Geschäft der Region. Neben
dem kleinen Verkaufsregal ist auch der
Name »Krummerei« eine Erinnerung an
den Gründer Leonhard Oberhauser, der
reihum als »da Häuslkrummer« bekannt
war. Und auch das Flair des Lokals erinnert
noch an die Gemütlichkeit des
einstigen Kramerladen. »Unser Konzept
ist eine Verbindung von kulinarischem
Niveau und Wohlfühlen. Eine gemütliche
Stimmung mit einem Touch Wohnzimmerfeeling.
« Cafe Lounge, Weinbar,
Restaurant, die Genussgalerie im ersten
Stock und die Terrasse – die verschiedenen
Bereiche gehen fließend ineinander
über. Viel Wert wird auf Details gelegt. Im
Lokal und am Teller. Auffällig unauffällig.
Exklusiv und doch unaufgeregt wie die
lila Kartoffelchips und der frittierte Kohlrabi
als Deko für den Wolfsbarsch samt
Currygnocchi, Zucchini und der selbstgemachten
Sahnesauce.
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