Eisige Kunst

Seine Eisfiguren in Ellmau, Going, Scheffau und Söll faszinierten im Vorjahr unzählige Menschen. In nur neun Stunden kreierte der Goinger aus einem Schneeblock das Koasamandl genauso wie die Hexe von Söll. Eine Leidenschaft, die Reinhard Meilinger als 12-Jähriger entdeckte.
Der Schnee spritzt, fliegt in Form feiner, eisiger Kristalle durch die Luft und erzeugt einen scheinbar undurchdringlichen Nebel, untermalt vom lauten Rattern der Motorsäge. Kurz darauf verstummt der Lärm. Der Schneestaub legt sich und in dem vorher glatten Schneeblock sind erste Konturen eines Hexenhutes erkennbar. Es ist zehn Uhr morgens. Bis um 16:00 Uhr wird das Hexenwasserlogo ganz aus Schnee fertig sein. Eine kalte, vergängliche Kunst.

»Eigentlich ist es ganz einfach, du schneidest alles Überflüssige weg...«

Reinhard Meilinger, Going

Das Geheimnis liegt in 360 Grad

Vor dem Haus steht ein Steinadler. In Feinarbeit hat Reinhard jede einzelne Feder in den Holzstamm geschnitzt. Eine Arbeit von zwei bis drei Wochen. Noch fehlt die Sitzbank, die zum Adler gehört. Ist die angepasst, geht sein neuestes Werk nach Deutschland zu einem Eintracht-Fan, der bereits einen Adler von ihm besitzt. »Den herzugeben schmerzt schon etwas, da er auch gut in unseren Garten passen würde«, lacht Reinhard. Holz ist neben Schnee das zweite Lieblingsmaterial des Goingers, wenn es ums Schnitzen geht. »Der Unterschied zwischen den beiden Materialien liegt im Widerstand, den das Material bietet. Wenn du Schnee verwendest, musst du vorarbeiten, den Schnee mit einer Schneefräse fräsen, damit er feiner wird und über Nacht einschalen, damit er etwas friert.

Beim Holz sind dagegen immer wieder Äste oder Maserungen, die die Arbeit erschweren.« Aber egal welches Material, letztlich ist Schnitzen für den Goinger wie eine Sucht. »Zuerst hast du nichts, also nur den Stamm oder Schneeblock. Dann fängst du an, siehst dein Werk entstehen und damit kommt der Spaß an der Sache und du hörst nicht mehr so schnell auf. Aber, selbst wenn es dir noch viel Spaß macht, nach ein paar Stunden wird es anstrengend, da du ständig in 360 Grad denken musst.«

Lucky Luke und der Saloon

Rund acht Stunden brauchte er im Vorjahr für jede der Schneefiguren in den vier Orten am Wilden Kaiser. Neben der Hexe für Söll bekam Scheffau einen Rennfahrer, Ellmau sein Koasamandl und seinem Heimatort Going zauberte Reinhard wegen der Vergangenheit als Knappendorf einen Steinbrucheingang samt Knappen. Für heuer ruht die Schneekunst vorerst, denn bis Mai ist Reinhard mit dem Schnitzen von Holzfiguren ausgebucht. Unter anderem warten noch Lucky Luke und die Dalton-Brüder auf ihn. Die vier sollen vor einer als Saloon gestalteten Gartenhütte stehen. »Ich habe mir dazu eine eigene Geschichte ausgedacht«, erklärt Reinhard und beginnt von gefesselten Banditen und Lucky Luke in seiner klassischen Draufgängerpose zu erzählen.

Text: Adriane Gamper  FOTO: GPhoto/Martin Guggenberger

Empfohlene Beiträge

Noch kein Kommentar, Füge deine Stimme unten hinzu!


Kommentar hinzufügen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert