Hoch zur Hinteren Goinger Halt
Die Tour zur Hinteren Goinger Halt gehört zu den beliebtesten Wanderrouten im Wilden Kaiser. Technisch nicht zu anspruchsvoll und bis auf ein, zwei Schlüsselstellen, die drahtseilgesichert sind, ist der Aufstieg auch für Wanderer ohne große alpine Erfahrung zu bewältigen.
TEXT: Adriane Gamper FOTO: GPHOTO/Florian Egger
Ausgangspunkt der Tour ist die Wochenbrunneralm (1087 m), die über eine Mautstraße von Ellmau aus zu erreichen ist. Vom Parkplatz aus führt ein gut ausgebauter Wanderweg in Richtung Gaudeamushütte (1263 m). Man geht über Almwiesen in nördlicher Richtung bergauf und trifft nach ca. 45 Minuten bei der Gaudeamushütte ein. Schon auf den letzten Kehren vor der Alm kann man auf linker Seite weit oben die schroffen Wände und die Schotterhalden des
Ellmauer Tors erkennen.
Die Gaudeamushütte liegt am Rande eines Mischwaldes und ist eine gern
gesehene Einkehrmöglichkeit bei Wanderern. Sie ist auch die letzte Möglichkeit einzukehren, ab jetzt ist man auf sich alleine gestellt! Tipp: Der südlich gelegene Aufstieg und die Felsen weiter oben lassen einen an schönen Sommertagen auf der Tour ganz schön ins Schwitzen kommen. Unbedingt genug Flüssigkeit mitnehmen, es gibt auch nur ganz wenige Quellen und Bäche zum Auffüllen der Trinkflaschen. Von der Gaudeamushütte führt der Wanderweg weiter bergauf das Kar hinauf. Zuerst geht es noch über Almen, etwas später mischen sich immer mehr Latschenfelder dazu, bis man gänzlich zwischen den Berggewächsen hindurch seinen Weg bergauf sucht.
Zur Ruhe kommt man hier nicht, die vielen Dohlen haben schon längst herausgefunden, dass es von dem einen oder anderen Wanderer ein Brotkrümel oder Wurstblatt gibt, dementsprechend hartnäckig sind sie bei ihren Bettelattacken. Gleich direkt auf der anderen Talseite kann man gut die sanften Hügel des Hartkaisers und der Hohen Salve erkennen, im Winter eine beliebte Skiregion und auch im Sommer führen gemäßigte Wanderwege auf die grünen Gipfel. Der Weg zur Hinteren Goinger Halt führt uns aber nach Osten bergauf. Man kann den Gipfel von hier aus schon erkennen. Die Hintere Goinger Halt ist sicherlich einer der leichteren Gipfel im Wilden Kaiser, wobei der Aufstieg vom Ellmauer Tor nicht zu unterschätzen ist. Zuerst geht es über felsiges Gelände zur Anstiegskante und dann weiter über einen Schotterhang querend zur »Schlüsselstelle« des letzten Teiles, einer gesicherten Stelle über ein paar Felsen. Man kommt schließlich an einem felsigen Grat an und hält sich danach links, geht über ein paar felsige Stufen und kommt schließlich zum Gipfelkreuz der Hinteren Goinger Halt. Der 360-Grad-Rundumblick kann von der gegenüberliegenden Fleischbank und dem Totenkirchl bis hinüber zum Zahmen Kaiser und den Chiemgauer Alpen und Richtung Süden bis zum Alpenhauptkamm mit den Hohen Tauern schweifen. Bergab geht es wieder den Aufstieg entlang zum Ellmauer Tor.
Langsam steigt man Serpentine über Serpentine bergauf und plötzlich steht man unter den ersten Geröllhalden, die sich vom Ellmauer Tor hinunterziehen. Zum Teil teilt sich der Weg und man kann sich seine ideale Variante raussuchen, aber im Endeffekt führen alle Wege in eine Richtung: nämlich bergauf. Der Aufstieg
orientiert sich schließlich auf die linke Seite des Kars und es kommt bei einem Felsen die einzige Weggabelung auf der Route. Nach links über einen steilen Hang geht es zur Gruttenhütte – hier nimmt man aber die rechte Abzweigung, die sich über eine Geröllhalde Richtung Karmitte hinüberzieht. Nach der ersten Querung kommt am Ende ein drahtseilgesicherter Übergang, der ein wenig ausgesetzt ist, technisch aber leicht zu bewältigen ist.
Hinter der Felsstufe tut sich der direkte Blick zum höchsten Punkt des Kars auf. Die grüne Vegetation hat sich spätestens hier verabschiedet und man geht über zum Teil sehr loses Geröll – Achtung Rutschgefahr – weiter bergauf. Die letzten Serpentinen ziehen sich fast gänzlich durch die gesamte Karbreite und gegen Ende hin wird der Weg auch noch etwas steiler. Zum Teil können sich hier auch noch Schneereste befinden, die durch Lawinen und Einwehungen fast den ganzen Sommer über liegen bleiben. Nach fast drei Stunden Aufstieg erreicht man schließlich das Ellmauer Tor. Spektakulär ist hier der Ausblick nach Süden und auf die Felsen der Fleischbank, die einige der bekanntesten Kletterrouten des Wilden Kaisers beherbergen. Wenn man genau hinsieht, kann man die bunten Hosen der Kletterer in der Wand erkennen. Hier wurde schon oft Klettergeschichte geschrieben. Reinhard Karl und Helmut Keine zum Beispiel. Mit der Begehung der Pumprisse im Jahre 1977, mitten in der berühmt-berüchtigten Fleischbank, hat der Freidenker den Schwierigkeitslevel im Freiklettern nach oben geschraubt. Sie sind zum ersten Mal den 7. Schwierigkeitsgrad geklettert, und mit dem Namen Reinhard Karl gehen auch der Wilde Kaiser und seine Routen in die Bergmemoiren ein.
Zurück geht es wieder das Kar bergab zur Gaudeamushütte. Aufpassen sollte man beim Abstieg auf alle Fälle, bei dem losen Schotter verliert man schnell die Kontrolle. Man kann über die Schotterhalden den Weg auch direkt abkürzen und sich die Serpentinen sparen. Auf der Hütte angekommen hat man sich seinen Kaiserschmarren redlich verdient, nach einer Rast nimmt man schließlich die letzten Meter bis zum Parkplatz der Wochenbrunner-alm in Angriff.
Buchinfo:
Bruckmann Wanderführer.
Zeit zum Wandern Wilder Kaiser. 50 Wanderungen, Bergtouren und Ausflugsziele im Kaisergebirge, Wilder Kaiser. Mit Wanderkarte zum Herausnehmen.
Autor: Heiko Mandl
Broschiert: 192 Seiten
Verlag: Bruckmann Verlag GmbH Auflage: 1 (27. Mai 2019)
ISBN-10: 3734313279
ISBN-13: 978-3734313271
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