Rennlegende mit Weltraumträumen
Bodennebelbeim Landeanflug in München führte dazu, dass der einstige
Profi-Rennfahrer Hans-Joachim Stuck seit 30 Jahren in der Kaiserregion lebt.
Ein berühmter Wahl-Ellmauer mit einer eigenen Beziehung zu Wanderwegen
und einem galaktischen Wunsch.
TEXT: Adriane Gamper FOTO: GPHOTO/Günther Fankhauser
»Ich war gerade am Rückflug aus den
USA. Wir waren schon über München
im Landeanflug, da machte der Bodennebel
dem Piloten einen Strich durch die
Rechnung. Wir saßen also noch länger
in der Luft fest und da bückte ich mich
zu der Zeitung, die am Boden neben mir
lag und begann zu lesen. Und dann sah
ich diese eine Annonce.« Hans-Joachim
Stuck kann sich noch genau an diesen
Moment erinnern, der den damaligen
Deutschen mit deutsch-österreichischer
Doppelstaatsbürgerschaft in einen leidenschaftlichen
Tiroler verwandelte.
»Ja, diese Annonce hat mein Leben von
Grund auf verändert. Wunderschöner
Bauernhof in Oberwindau zu verkaufen
stand dort. Diese paar Zeilen zogen mich
magisch an.« Er nahm den Ausschnitt
mit, schaute sich den Hof an und sagte
seiner damaligen Heimat Garmisch lebe
wohl. Das war im Jahr 1989 seither liebt
er die Kaiserregion. Westendorf, Going,
Ellmau waren seine Stationen. Im Berg Bergdoktordorf
ist er längst heimisch, die
deutsche Staatsbürgerschaft hat er gar
auslaufen lassen. Bereut hat er seine Entscheidung
nie, vor allem wegen den Bergen
und dem Wandern, das er auf seine
ganz eigene Art umsetzt.
UNBEKANNTE PFADE AM KAISER
»Ich habe beruflich lange in Florida gewohnt,
das Meer war schön, Motorboote
und das ganze Tralala. Aber ich bin
nicht der Beachmensch. Das Meer ist im
Grund immer gleich, ganz im Gegensatz
zu den Bergen. Es gibt nicht Interessanteres.
Ein Berg verändert sich mit dem Wetter,
sieht jeden Tag anders aus.« Schon
beim Frühstücken blickt die Rennlegende
auf den Kaiser und so oft es geht, ist
er dort auch wandernd unterwegs. »Zu
den Schleierwasserfällen, entlang des
Jakobswegs. Es gibt tausende Steige und
da drängt mich schon die Entdeckerlust.
Wenn meine Frau und ich einen neu en Pfad finden, hält uns nichts zurück.
Wenn du mutig bist, gibt es nichts Schöneres
als unbekannte Wege zu ergehen.
Verlaufen kannst du dich hier ja nicht.«
Der 69-Jährige ist ständig aktiv. Sporteln,
Basteln an seinen Autos, Golfen oder Skifahren.
Hans-Joachim Stuck bezeichnet
sich selbst als »Springingerl« auch wenn
er in den letzten Wochen den Mittagsschlaf
für sich entdeckt hat. »Ich bin ganz
bewusst so aktiv, vor allem beruflich.
Mein Papa hat mit 60 Jahren aufgehört
zu arbeiten und daraufhin sehr schnell
abgebaut. Wenn das Gefühl fehlt, gebraucht
zu werden, passiert das einfach.«
WENN DAS MEER UNTEN IST
Zuletzt saß Hans-Joachim Stuck vergangenen
Oktober im Rennauto. »Ich fahre zwar keine
Rennen mehr, aber ich mache am Nürburgring
Taxifahrten mit einem R8 Rennwagen, in
dem ein zweiter Sitz eingebaut wurde.« Sieben,
acht Einsätze hatte er im Vorjahr und zwischendurch
fährt er für Reifentests. »Wenn ich
länger auf keiner Rennstrecke unterwegs bin,
vermisse ich schon etwas. Ich freu mich auf
jede Fahrt, alleine dieses Gefühl beim Einsteigen.
Ganz ehrlich, würde um Zwei Uhr nachts
jemand mit einem Turboporsche vor meiner
Türe stehen und sagen ‚fahren wir schnell nach
Stuttgart‘, ich wäre in drei Sekunden angezogen
und im Auto«, schmunzelt Hans-Joachim
Stuck. Auf die Frage, ob er nach allem was
er schon erlebt hat noch ein großes Ziel hat,
kommt noch im gleichen Augenblick ein bestimmtes
»Oh, ja!« gefolgt von einem lautem
Lachen. »Ich würde unglaublich gerne in den
Weltraum fliegen. Du sitzt im Wohnzimmer
und schaust auf die Berge, du fährst ans Meer
und siehst das Wasser. Dass die Erde rund ist,
zeigt sich dir nirgends. Ich will diese Kugel einmal
mit eigenen Augen sehen, dieser Anblick,
wenn das Wasser auf der Erdkugel unten ist.
Also sobald Allflüge bezahlbar sind, bin ich
dort oben.«
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