Prost! aus der Garage
Die Geschichte beginnt wie eine dieser Erfolgsstorys aus den USA. Ein Bierliebhaber beginnt, in
seiner Garage Bier zu brauen. Zufällig trifft er auf einen anderen Garagenbierbrauer in seinem
Ort. Die beide schließen sich zusammen und Going-Craft entsteht. Eine Story über Ecken und
Kanten, Amarillo & Citra Hopfen.
TEXT: Adriane Gamper FOTO: Eigenfoto
Vom Holzbalkon baumelt eine Bierflasche.
Die Beschwerung für ein kleines
Plakat, auf dem in großen, schwarzen
Buchstaben »Going Craft« prangt. Die
Türe in den Raum darunter ist offen. Neben
etlichen Bierkisten steht auf einer Anrichte ein kleines Metallgestell. Unzählige
Schläuche führen zu Ventilen.
Darunter eingespannt: drei Bierflaschen.
Die Abfüllanlage von Stefan Scheucher
und Andreas Widauer. In kürze wird
hier Hochbetrieb herrschen, wenn die beiden ihr selbstgebrautes Bier, heute ein
kaltgestopftes naturtrübes Citra Helles, abfüllen.
Echtes Craft Bier aus Going.
im obersten Geschoss seines Vitalhotels Sonnenhof.
Der Sonnenhof in Going erfuhr in den letzten Monaten einen vollkommenen Wandel. Mit an die zwölf Tonnen Stahl entstand eine gänzlich neue Statik. Das gesamte Hotel wurde um vier Meter verlängert, zwölf Zimmereinheiten auf den neuesten Stand gebracht. »Damit hat jedes unserer insgesamt 50 Zimmer mindestens 32 m².« Der oberste Stock, auf dem sich die Oase der Sinne erstreckt,
FOLGENREICHES TREFFEN
»Eigentlich war es nur ein Jux«, fängt der
Goinger Andreas Widauer an zu erzählen. »Ein Kollege hatte Firstfeier und da kam ich
mit einem Freund auf die Idee, dafür unser eigenes Bier zu brauen.« Er kauft ein Brauset,
leiht sich von einem Hotel einen riesigen Kochtopf und legt los. Das Bier kommt
so gut an, dass Andreas den Versuch ausbaut bis er durch Zufall Stefan kennenlernt. »Als ich erfuhr, dass er auch Bier braut, schaute ich mit einer meiner Flaschen bei ihm
vorbei.« Ein Besuch mit Folgen, denn der Münchner und Wahl-Goinger ist vom Bier
seines heutigen Braukollegen begeistert. Eine kleine Adelung für Andreas, denn Stefan Scheucher weiß, wie echtes Craft Bier zu schmecken hat. Rund sechs Jahre führte Stefan gemeinsam mit einem Freund in Mexiko eine große Craftbier-Brauerei. »Wir
waren eine der ersten, die den Trend aus den USA nach Mexiko brachten.« Als es ihn
2007 wieder zurück nach Going zog, wo seine Mutter lebt, hatte er seine Craftbier-
Leidenschaft mit im Gepäck und begann, in seiner Garage für den Eigenbedarf zu brauen.
»Letztlich kamen eins zum anderen und Andreas und ich taten uns zusammen«, erzählt
Stefan Scheucher weiter.
im obersten Geschoss seines Vitalhotels Sonnenhof.
Der Sonnenhof in Going erfuhr in den letzten Monaten einen vollkommenen Wandel. Mit an die zwölf Tonnen Stahl entstand eine gänzlich neue Statik. Das gesamte Hotel wurde um vier Meter verlängert, zwölf Zimmereinheiten auf den neuesten Stand gebracht. »Damit hat jedes unserer insgesamt 50 Zimmer mindestens 32 m².« Der oberste Stock, auf dem sich die Oase der Sinne erstreckt,
ECKIGES BIER
Ein helles Lagerbier verfeinert mit Citra
Hopfen wartet im Kessel auf die Abfüllung.
Ein Bier jenseits der Standardbiere, so wie
alle Erzeugnisse der beiden. »Bei Standard-
Erzeugnissen werden die Geschmacksecken
und -kanten abgeschliffen, um möglichst
viele Kunden anzusprechen. Wir machen
genau das Gegenteil und setzen auf diese
Ecken und Kanten«, erklärt Andreas. »Das
ist nicht jedermanns Geschmack, aber wir
wollen das Ausleben.« Dafür verwenden sie
außergewöhnliche Hopfensorten und geben
diese nicht nur, wie sonst üblich, im Kochbereich
zu, sondern auch im Kaltbereich. »Dadurch
werden hauptsächlich die Öle, die
Geschmacksträger, aufgenommen und nicht
die Bittere des Hopfens. Citra Hopfen etwa
ist bekannt für seine Grapefruit- und Limettennuance,
die er dem Bier verleiht. Wobei
es auf die Menge ankommt. Gibst du zu viel
dazu, entsteht ein Fruchtcocktail und kein
Bier«, lacht Stefan und geht hinüber
KREATION IM AUTO
Drei Kessel und unzählige Leitungen und
Schläuche füllen den kleinen Raum. Vom
einstigen Bier im Kochtopf sind die beiden
Hobbybrauer längst abgekommen. Sie verkaufen
ihr Bier ab Hof und in der kleinen
Eismanufaktur in Going. Ihren Hopfen beziehen
sie allen voran aus Deutschland, dem
klassischen Hopfenanbaugebiet. Die Spezialhopfen
wie Amarillo oder Citra kommen
»Wir wollen das Bier nicht neu erfinden, sondern außergewöhnliche Bier mit Charakter brauen.«
Stefan Scheucher, Hobbybierbrauer – Going-Craft
direkt aus den USA. Und die können einiges
kosten, denn Hopfen gehört zu den
teuersten legalen Pflanzen wie Stefan betont.
»Noch dazu verwenden wir durch
unsere Kalthopfung bis zu dreimal so viel
Hopfen wie bei der herkömmlichen Bierproduktion.
« Über Neuzüchtungen erfahren
sie aus der Brauliteratur. Ist etwas
Interessantes dabei, wird eine Probe bestellt
und der Hopfen erst einmal mit heißem
Wasser übergossen. »So werden die
Öle frei und du kannst den Geschmack
testen«, erklärt Andreas. Harzig, blumig,
grasig. Die Kunst liegt in der richtigen
Kombination und in der Dauer der Hopfenzugabe.
Probieren und abschmecken
gehört zum Brauen dazu. In Summe dauert
es an die fünf, sechs Wochen bis das
Bier fertig ist und die Endverkostung ansteht.
Ein Moment mit Herzklopfen. »Im
Grunde denken wir immer ans Bierbrauen.
Welche Biere können wir noch brauen
brauen,
welche Nuancen würden passen. Die
besten Ideen sind mir dabei schon beim
Autofahren gekommen«, erklärt Stefan,
während er die Gummihandschuhe
überzieht. Die Zeit drängt, die Flaschen
müssen abgefüllt werden. Etliche Kunden
haben bereits wieder angefragt und auch
die Eismanufaktur sitzt auf dem Trockenen.
Ein intensiver Vormittag steht den
beiden bevor. Damit es für alle Craftbier-
Liebhaber wieder heißt: Prost!
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