Einst und heute ein stolzer Hof.

Der Hof »Ried« thronte rund 450 Jahre lang über Ellmau am Hartkaiser, nun beeindruckt er mit seiner stolzen Erscheinung am Weiler des Heimatmuseums. Auch wenn der Hof seinen Standort wechselte, die Geschichte lässt sich bei den originalen Bestandteilen noch immer spüren.
Ehrwürdig wirkt er mit seinen Jahrhunderten auf dem Buckel, 1753 ist in das Holz geschnitzt. Was mag in diesen vier Wänden schon geschehen sein? Der Hof »Ried« hat gute wie schlechte Zeiten überdauert, einige Generationen an Familien beherbergt. Ab 1931 bewirtschaftete vierzig Jahre lang die Bauernfamilie von Anna und Josef Lettenbichler mit ihren Kindern den Bergbauernhof. »I bin do herobn gebor’n«, denkt Katharina Reiter, eine Tochter der beiden, in einem sehr beeindruckenden Film von Ronny Exenberger für die Chronik Ellmau zurück. »Fünf Johr davua san mia heakemma.« Lächelnd sitzt sie auf der hölzernen Bank und schaut in die Ferne, die Aussicht ist vom Standort am Hartkaiser schier unendlich. »Mei Kindheit wor sche.« Auch wenn die Familie weder

fließend Wasser noch Strom hatte, ging ihnen nichts ab. Neben der »Riad-Kathl« wuchsen noch weitere elf Kinder am Hof auf. »Ins hod üwahaupt nichts g’feit, mia hom nia Hunga leidn brauchn«, ergänzt sie, die Familie lebte von der eigenen Landwirtschaft. »Es wor hier ob’n ois sche. Boid Mama und Dati Geburtstog kob hom oder de greßan G’schwistara kemma san. Wenn mia oi banond won, wor’s oafoch sche.« ​Katharina Reiter bewohnte den Hof zuletzt mit ihrem Mann Hansi, sie hat auch ihre beiden Kinder im Riedhaus geboren. »Mia hom donn Haus baut unten«, erzählt sie weiter. »Mia hom dann gsog, mia gehn doch liawa hinab, mia hätt’n owa ned weck miasn.« Zuletzt war der Hof unbewohnt. Da er zudem dem Bauder neuen Gondelbahn auf den Hartkaiser weichen sollte, schenkte der letzte Besitzer, Bertram Müller von der BLS-Privatstiftung, das Bauernhaus, das sein Großvater Bartlmä Lechner 1927 gekauft hatte, der Gemeinde Ellmau. Diese veranlasste die Überstellung des Bauernhauses zum Standort im Tal.

»Mi hod des narrisch gfreit, wie se gsog hom, dass der Hof obtrogn wead.«

Katharina Reiter, letzte Bewohnerin des Hofs »Ried«

»Mi hod des narrisch gfreit, wie se gsog hom, dass der Hof obtrogn wead.«

Katharina Reiter, letzte Bewohnerin des Hofs »Ried«

»Bei uns in Scheffau hat jeder sein eigenes Klientel an Gästen. Dadurch helfen wir auch zusammen«, beschreibt er. »Vor 50 Jahren war jeder dem anderen neidisch, das mag ich überhaupt nicht. Zusammenarbeit ist mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Kei- ner muss Angst haben, dass ihm der andere etwas wegnimmt. Man soll miteinander und nicht gegeneinander arbeiten.« Reichhaltige und g’schmackige Kost – die findet man auf der Karte des Weberbauers. Angst vor der Kalorie scheint Ludwig in diesem Sinne nicht zu haben. »Die Gerichte, die bodenständig sind, kann man aber durchaus noch mit neuen Kreationen wirkungsvoller gestalten«, meint Ludwig. »Auch wenn es nur mit einer Form ist, die man beispielsweise verändert.« Schweinsbraten bleibt aber Schweinsbraten, »der Geschmack bleibt der gleiche«. Oder der Skinchip, der wäre auch ein Beispiel für Neues. Hierfür löst Ludwig die Haut vom Fischfilet und frittiert dieses eigens. Viel Chi chi wird es bei ihm dennoch nie auf dem Teller geben. »Pinzettenkoch bin ich einfach keiner, als Gourmetkoch möchte ich mich ebenso nicht bezeichnen. Das will ich auch gar nicht sein.« Muss er auch nicht: Denn der Tafelspitz kommt auch so traditionell delikat und beinahe so wie das Original aus Wien auf den Tisch. Blattspinat, Röst- kartoffeln und Apfelkren gibt es dazu. So wie es sich gehört, nimmt das Fleisch vor dem Verzehr noch ein Bad in der frischen und selbst aufgesetzten (zum Glück!) Bouillon. »Die Gäste, die zu uns in den Weberbauer kommen, wollen großteils bodenständig essen. Ich mache zwar andere Menüs auch, aber diese muss man extra bestellen.«

Zwei Jahre Projektzeit

Im April 2017 feierte die »Riad-Kathl« noch ihren 80. Geburtstag am Hof, kurz darauf rückte die Mannschaft der Ellmauer Zimmerei Naschberger an. Sie trug behutsam das Haus Stück für Stück ab, jedes Bauteil erhielt eine Plakette und wurde in einen Aufbauplan eingetragen. »Beim Abbau mussten wir sehr behutsam vorgehen, damit wirklich nichts verletzt wird«, beschreibt Andreas Naschberger, der auch mit der Leitung des Projekts betraut war. So wurde der reine Holzbau nach und nach ins Tal befördert und den Winter über in der Trockenkammer eingelagert, bevor es auf dem Gelände des Heimatmuseums an den Wiederaufbau ging. »Des gfreit mi gonz narrisch, weil mia so vü schene Kindheitserinnerungen do herom kob hom«, erklärt Katharina. »Do herom wor’s oafoch sche.«

Nach zwei Jahren Projektzeit war es so weit: Beim Sommereinläuten des Heimatmuseums Ellmau wurde das alte Bauernhaus Ried feierlich eingeweiht. »Das Riedhaus ist jetzt zusätzlich eine Aufwertung für die Gemeinde, weil einige Geschichten und Erlebnisse der damaligen Zeit sichtbar werden«, sagt der Kurator des Heimatmuseums, Leo Exenberger. »Am ursprünglichen Standort wäre es verfallen, da es nicht zugänglich war. Es gab keinen Weg, nichts.« Im Tal bildet das Riedhaus nun einen

Museumsweiler mit dem Heimatmuseum im alten »Wegmacher«-Häusl und der ebenfalls abgetragenen und wiederaufgebauten Dreschtenne. An das Originalhaus von Ried wurde hinten neu eine Rem angebaut, in der Oldtimerfahrzeuge der Ellmauer Feuerwehr im Parterre geparkt sind, darüber wurde ein Veranstaltungsraum eingerichtet. Der alte Teil des Hof-Gebäudes soll im Erdgeschoss das Heimatmuseum erweitern, während die Stuben der ersten Etage Chronikstücken und einer jährlich wechselnden Ausstellung zur Verfügung gestellt werden. Der Kurator schätzt jedenfalls den jahrhundertealten Neuzugang am Gelände: »Wenn ich hierherkomme, fühl’ ich mich einfach wohl.« So wie es den Menschen vor ihm auch schon ging.

Text: Alexandra Embacher
Foto: GPhoto /Martin Guggenberger

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